Artikel: Mannheim entdeckt Twitter mal anders[ Stadtleben ]
22.01.2010  |   Klicks: 4212   |   Kommentare: 4   |   Autor: pdmax
Mannheim entdeckt Twitter mal anders
Mannheim gibts schon auf Twitter. Das Problem: Mannheim ist nicht Mannheim - ein Rechtsstreit droht.
Die Stadt Mannheim droht dem Geschäftsführer des deutschen Desktop-Sharing-Spezialisten Mikogo mit einer Unterlassungsklage, wenn sich dieser bis zum 10. Februar nicht bereit erklärt, seinen bereits 2007 auf Twitter registrierten Benutzernamen "Mannheim" aufzugeben. In einem offiziellen Schreiben der Stadt Mannheim beruft man sich auf den Namensschutz für Gemeinden und spricht in Bezug auf die Namensnutzung des Accounts von einem auf Twitter zur "Identitätsverwirrung führenden unbefugten Namensgebrauch".

"Zwar sieht Twitter einen Markenschutz für Markeninhaber vor, der vom Unternehmen auch unterstützt wird. Trotzdem herrscht eine generelle Unsicherheit im Umgang damit vor", sagt Microblog-Experte Günter Exel. Der Fachmann weist darauf hin, dass Twitter seinen Beitrag zur Lösung des Problems leistet und künftig inaktive Accounts wieder freigeben will. Zondler dagegen zeigt sich gegenüber pressetext zuversichtlich und will den Fall vor Gericht klären lassen. "Die Stadt selbst hat kein Gespräch gesucht, sondern gleich mit der Keule geschwungen. Jetzt prüft mein Anwalt", so Zondler.

Die Intervention der Rechtsabteilung der Gemeinde kommt drei Jahre nach der Registrierung des Twitter-Namens des Mikogo-Mitbegründers nicht http://twitter.com/mannheim unverhofft. Branchenkennern nach befindet sich der Microblog derzeit auf dem Höhepunkt seiner wirtschaftlichen Bedeutung im Bereich des Online-Marketings. Obwohl Kritiker keine Gewinnstrategie des Unternehmens sehen, wurde Twitter Ende September 2009 auf rund eine Mrd. Dollar geschätzt.

Der Marktbedeutung dürfte sich inzwischen auch die Stadt Mannheim bewusst sein. Zondler wurde nun aufgefordert, eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung zu unterschreiben. Darin soll sich Zondler dazu verpflichten, "es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 2.000 Euro zu unterlassen, den Benutzernamen zu nutzen und/oder reserviert zu halten". Zudem soll der Mikogo-Co-Gründer gegenüber Twitter die Freigabe des Benutzernamens erklären. Zondler hat seine Enttäuschung über das Vorgehen der Stadt bekundet und spricht von "keiner feinen englischen Art".

In der Stellungnahme der Zondler vertretenden Anwaltskanzlei heißt es, dass "an der Rechtmäßigkeit der Forderung erhebliche Zweifel bestehen". Denn laut Rechtssprechung liege nur dann eine unberechtigte Namensanmaßung vor, wenn dadurch eine Verwirrung über die Identität des Benannten erweckt wird und schutzwürdige Interessen des (ursprünglichen) Namensinhabers verletzt werden. Zwar werde der Fall der Verwendung des fremden Städtenamens als Internetadresse inzwischen regelmäßig bejaht - wie sich zum Beispiel in den Urteilen zu den Internetadressen heidelberg.de oder solingen.de zeigt.

Wegen der grundsätzlich unterschiedlichen Bedeutung und Funktion der Domain gegenüber einem Portal-Account ließen sich die bislang entwickelten Grundsätze und Bewertungen aber nicht ohne weiteres übertragen. "Die Stadt Mannheim macht es sich jedenfalls zu einfach, wenn sie alleine auf die Domainrechtssprechung abstellt", heißt es in der Stellungnahme.

cc by pressetext
 
4 Kommentare zu diesem Artikel
23.01.10, 16:58 Uhr #1 von latut
An der Stelle des Account-Verwenders würde ich den Nicknamen sang- und klanglos aufgeben. Einen Prozess dürfte er wohl verlieren. Außerdem hat er Glück, dass für die "Abmahnung" noch keine Kosten angefallen sind. Die Stadt hätte auch direkt einen externen Anwalt damit beauftragen können.

Allerdings hat die Stadt keinerlei Ansprüche darauf, dass der Account vom bisherigen Verwender an sie "herausgegeben" wird. Es könnte also immer noch ein Dritter schnell auf den Zug aufspringen und sich den Nickname nach Löschung durch den bisherigen Nutzer sichern. Blöd für die Stadt, wenn dieser neue Nutzer irgendwo auf den (Proxy)-Bahamas oder sonstwo sitzt.


EDITH sagt:
Hab gerade eine echt geile Geschichte bzgl. Abmahnung entdeckt, die gerade ihren Lauf nimmt :

http://www.100partnerprogramme.de/blog/2010/01/21/ witzabmahnung-von-komsa-an-100partnerprogramme-de/
Dieser Eintrag wurde 2 mal editiert, zuletzt 23.01.10, 16:58 Uhr
24.01.10, 00:36 Uhr #2 von NeoNow
was solln der sch***, das kann man überhaupt nicht mit de top-Level Domains vergleichen. das ist ein ganznormaler Nickname und wiso sollte die Stadt Mannheim exklusiv rechte haben, demnach dürften man bei StudiVz, Facebook, Schneckenhof & Co kein benutzer oder Gruppen "Mannheim" mehr heißen weil die Stadt Mannheim die die "alleinige Nutzungsrechte" geltend machen will, das ist doch Hirnverbrannt außerdem sollte sich die Stadt Mannheim eher damit befassen, dass ihr online Angebot aktuell und benutzerfreundlich hält, anstatt seine Mitarbeiter oder gar eine Gesellschaft damit zu beschäftigen die online Inhalte der Stadt Mannheim zu verwässern.
24.01.10, 09:18 Uhr #3 von tobi
@NeoNow: es ist schon ein Unterschied, ob Du eine Kategorie/Gruppe nach einem Thema wie "Mannheim" benennst oder unter diesem Namen als zentraler Knotenpunkt Nachrichten publizierst wie es in Tweeter der Fall ist. Und da Twitter im Wachstum ist und folglich in der Öffentlichkeit als Medium wahrgenommen wird, ist es auch folgerichtig von der Stadt, sich frühzeitig um entsprechende Namensrechte zu kümmern, eher schon ein wenig zu spät wie man ja sieht.
24.01.10, 12:19 Uhr #4 von Xray
Was ich nicht verstehe:
Wenn das Produkt "Mikogo" heisst, warum wurde der Twitter-Account nicht gleich so genannt?

Ich meine,das Bundesverfassungsgericht twitter ja auch unter "BVerfG" und nicht unter "Karlsruhe".

EDIT:
Sehe gerade, es gibt schon einen Account für das Produkt:
http://www.twitter.com/Mikogo

Egal, trotzdem finde ich es seltsam, warum man seinen Account unbedingt nach einer Stadt bennenen muss.
Dieser Eintrag wurde 2 mal editiert, zuletzt 24.01.10, 12:19 Uhr
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