Roger Greenberg (Ben Stiller), vierzigjähriger Versager, soll in den Sommerferien die Villa seines Bruders hüten, während dieser sich mitsamt Familie im Vietnam-Urlaub befindet. Der neurotische Bruder und Ex-Musiker, der sich gerade mit Tischlerarbeiten über Wasser hält, soll in der Abwesenheit der Familie eine Hundehütte für den ebenfalls zurückgebliebenen Schäferhund Mahler bauen und sich so nützlich machen. Um den Rest kümmert sich die 20-jährige Haushaltshilfe Florence (Greta Gerwig).
Und eben mit dieser beginnt der Film. Minutenlang wird Florence zu Beginn des Films porträtiert, in ihrem Alltag und als junges, leicht chaotisches Mädchen gezeigt, das noch relativ am Anfang ihres Lebens steht und nicht weiß, wohin mit sich. Darin ist sie dem grantigen Bruder ihres Arbeitgebers ähnlicher, als sie glaubt. Roger Greenberg ist zwar wesentlich pessimistischer, menschenfeindlicher und arroganter eingestellt, befindet sich nach einem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik jedoch in einer tiefen Sinnkrise, die er erst einmal mit Nichtstun zu überbrücken versucht.
Während Greenberg das Haus seines Bruders hütet, begibt er sich auf eine Reise in die Vergangenheit. Früher lebte er auch einmal in dieser Stadt, Treffen mit Ex-Freundinnen und alten Kumpels vertreiben ihm die Langeweile und verdeutlichen dem Zuschauer, wie einsam Greenberg in Wirklichkeit ist. Keiner möchte so Recht etwas mit dem Eigenbrötler zu tun haben, der mit seiner exzentrischen Art schon so manchen Freund in die Flucht geschlagen hat.
Als dann noch der Schäferhund seines Bruders erkrankt und Greenberg und Florence sich zwischen Sympathie und Pflichtbewusstsein dem Hund gegenüber näher kommen, erscheint das auf gewisse Art eher tragikomisch als romantisch. Es ist schon peinlich mit anzusehen, wie unbeholfen die Beiden sich bei ihrem ersten sexuellen Kontakt anstellen. Und ständig fragt man sich als Zuschauer, was die hübsche Florence eigentlich an diesem egozentrischen Greenberg findet.
Und genau diese Fragen machen den nachdenklichen Film über Großstadtneurotiker, verpasste Chancen und verschwendete Jugend sehenswert. Melancholisch beleuchtet
Greenberg die (Un)Möglichkeiten des Lebens und zeigt anhand des unsympathischen Roger Greenberg auf, wie steinig der Weg sein kann, sich selbst zu finden.
Insgesamt ist
Greenberg ein interessanter Film, der vor Allem durch die Rolle der Greta Gerwig lebt. Ben Stillers anstrengende Rolle ist kontrovers und vor Allem eines: anders. Als Blödel-Komödiant kennen wir ihn schon, als exzentrischer Midlife-Crisis geplagter Neurotiker ist er uns neu. Trotz der wunderbar fotografierten Charaktere schwächelt
Greenberg in seiner Gesamtheit leider etwas, da er sich zu sehr in der Lethargie des Erzählstils verliert.
Für alle Ben Stiller-Fans ist der Film dennoch ein Muss. Gerade das Filmplakat ist sehr gelungen. Roger Greenberg schaut auf diesem in die Höhe und über ihm befindet sich eine riesige Gedankenblase, die nichts weiter als ein Fragezeichen enthält. So in etwa lässt sich der Zustand Greenbergs in Baumbachs Film grafisch darstellen.
Greenberg ist trotz seiner Schwächen ein nettes Filmchen, das zwar keine Filmgeschichte schreiben wird aber dennoch hoffentlich den Auftakt bildet, Stiller auch zukünftig in neue schauspielerische Gefilde vordringen zu sehen.
Greenberg läuft in Mannheim im
Atlantis in K2, 32 sowie im
Gloria in Heidelberg in der Hauptstraße 146.
Greenberg
USA 2010. R, B: Noah Baumbach. K: Harris Savides. S: Tim Streeto. P: Scott Rudin. D: Ben Stiller, Greta Gerwig, Rhys Ifans, Jennifer Jason Leigh, Brie Larson, Juno Temple, Chris Messina, Susan Traylor u.a.
107 Min.
Tobis ab 1.4.10