Was waren das noch für unruhige Zeiten in der jüngeren Vergangenheit, die jetzt Lichtjahre weit weg scheinen. Da war die Stadtkasse kurz vor der Ebbe, Banken gingen pleite und ganze Länder beinahe auch.

Aber jetzt, im Sommer 2010, berauscht durch ein wettertechnisches Zwischenhoch und den Traumfussball unserer Nationalmannschaft kehrt die Euphorie und der Optimismus wieder zurück zwischen Neckar und Rhein.

Anders ist es nicht zu erklären, dass sich Mannheim den Luxus leistet, die komplette Neckarstadt für zwei Tage hell zu erleuchten. Sonntag und Montag war wohl Feierstimmung nach dem deutschen Kantersieg gegen England in den Mannheimer Stadtwerken, da hatte die Straßenlaternen keiner mehr auf dem Schirm - anderswo hängt ein Zettel an der Tür der Nachtschicht: Der Letzte macht das Licht aus!

Es ist ein wirklich bizarres Bild in einer computergesteuerten Welt 2010, wenn man bei strahlendstem Sonnenschein und Temperaturen jenseits der 30 Grad auf seinem Weg zum Freibad von dem nahezu unsichtbaren gelblichen Schein der Straßenlichter begleitet wird.

Natürlich lassen sich weder der Sinn noch die Kosten einer solchen Aktion für die Stadt und damit für den Steuerzahler beziffern, aber in Zeiten, in denen man dem Bürger vorschreibt, dass er keine normale warme Glühbirne mehr kaufen darf, ist es doch eine bestenfalls schwachsinnige Aktion.

A propos Schwachsinn - auf dem Weg zur Arbeit vermeldete das Autoradio heute morgen, dass eine findige Mannheimer aus den Reihen der SAP, äh, SPD die Idee verfolgen, sich als Austragungsort für den Eurovision Song Contest zu bewerben - was unter anderem schon Hamburg, München und Berlin getan haben.
Als selbsterklärte Musikhauptstadt sicher eine gute Idee, und mit der SAP-Arena haben wir auch sicher den richtigen Austragungsort, aber irgendwie will der ungebtrübte Mannheim-Patriotismus nicht darüber hinwegsehen, dass die Idee zum Scheitern verurteilt ist und das Geld hierfür an anderen Ecken besser investiert wäre. Und nein, nicht im Millionengrab SVW.

Aber es gibt Hoffnung - wenn die deutsche Mannschaft so weiter spielt und das Land vielleicht noch bis elften Juli bei Laune hält, dann übersieht vielleicht im kollektiven Autocorso-Freudentaumel, dass der Schwachsinn oftmals keine zwei Meter entfernt ist.

Vielleicht sollten alle wichtigen politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen immer während Fussballturnieren gefällt werden - die DFB-Elf spielt ja im Prinzip auch nur für Guido Westerwelle und dessen Verbleib im Job.

Schland oh Schland!