Artikel: Helfen in Eigenregie - ein harter Weg, der sich lohnt | Interview[ Interviews ]
30.08.2010  |   Klicks: 4077   |   Kommentare: 0   |   Autor: pdmax
Helfen in Eigenregie - ein harter Weg, der sich lohnt | Interview
Caroline Fallschessel gründete praktisch im Alleingang einen gemeinnützigen Verein, der Kindern in Ghana eine Ausbildug ermöglicht.
Was hat es mit Ghanas Kinder e.V. auf sich?

Ghanas Kinder e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der im Jahr 2008 gegründet und im Vereinsregister in Mannheim eingetragen ist. Alle Mitarbeiter arbeiten ehrenamtlich.
Der Verein unterstützt Kinder und Jugendliche in Ghana, indem er mit Hilfe von Spendengeldern die Schulgebühren, die medizinische Versorgung sowie auch die Unterbringung der Kinder bezahlt. Viele Kinder müssen auf der Straße arbeiten, um überleben zu können oder ihre Familie zu unterstützen. Viele leben ganz ohne Familie auf den Straßen Accras. Wir möchten diese Kinder bzw. die bedürftigen Familien unterstützen und entlasten, damit die Kinder nicht mehr auf der Straße arbeiten müssen, sondern eine richtige Schulausbildung bekommen, um später einen richtigen Beruf erlernen zu können. Wir möchten den Kindern und Jugendlichen eine Perspektive für die Zukunft bieten, damit sie später nicht mehr auf finanzielle Hilfe angewiesen sind und die Chance haben, ein anderes Leben zu führen, als ihre Eltern.


Wie kam es zur Vereinsgründung?

Im Frühjahr 2008 war ich selbst mit einer Freiwilligenorganisation in Ghana und habe in einer Schule gearbeitet. Außerdem habe ich mit anderen Freiwilligen ein paar Waisenhäuser besucht, um den Kindern mitgebrachte Kleidung zu bringen und mit ihnen zu spielen. Als ich wieder zurück in Deutschland war, haben mich die Erinnerungen an die vielen Kinder, die Umstände in denen sie leben müssen, die vielen Menschen, die auf der Straße arbeiten müssen, um sich einen Schluck Wasser zu verdienen, nicht mehr losgelassen. Das Land und die Menschen, die trotz ihrer Armut niemals ihren Mut und ihre Freundlichkeit und Zuversicht verlieren, haben mich so beeindruckt, dass ich mit einer Freundin, die ich in Ghana kennengelernt habe, beschloss, einen Verein zu gründen, um mit Hilfe von Spendengeldern diesen Kindern zu helfen. Wir sind uns im Klaren, dass wir nicht allen helfen können, aber wenn wir es schaffen, wenigstens ein paar Kindern eine Schul- und Berufsausbildung zu ermöglichen, konnten wir wenigstens etwas tun. Aus diesem Grund nehmen wir vorerst nur wenige Kinder auf, damit wir sichergehen können, sie bis zum Ende der Ausbildung begleiten zu können. Natürlich könnten wir mehr Kindern helfen, wenn der Verein mehr Mitglieder und/ oder Spender hätte.

Was machst Du sonst in Deinem Leben?

Ich habe Lehramt studiert und im Juli mein Referendariat zur Grund- und Hauptschullehrerin beendet.

Nimmt die Arbeit für den Verein viel Freizeit in Anspruch?

Es gibt natürlich immer Zeiten, in denen mal mehr und mal weniger zutun ist. Da ich hier in Deutschland leider die meiste Arbeit selbst mache, wie z.B. die Buchhaltung führen, die Finanzen regeln, die Newsletter schreiben oder Spendenaktionen planen und durchführen, nimmt die Arbeit schon recht viel Zeit in Anspruch. Aber die mache ich ja gerne, weil einfach mein Herzblut an der Sache hängt. Bei Spendenaktionen habe ich aber einige Freunde und meine Familie, die mich da tatkräftig unterstützen. Natürlich wäre es sehr schön mehr helfende Hände zu haben, die aktiv mitarbeiten. Ich freue mich über jeden, der an einer aktiven Mitarbeit im Verein interessiert ist; ganz egal ob das jetzt das Planen und Durchführen von Spendenaktionen betrifft oder die Buchhaltung. Ich bin offen für jede neue Idee und jede Art der Unterstützung. Meldet euch einfach bei mir!

Wie läuft es mit den Spendern?

Wir bräuchten viel mehr Spender, dann könnten wir mehr Kindern die Schulausbildung ermöglichen. Im letzten Jahr muss ich aber sagen, haben wir einige neue Spender dazubekommen, die im Internet auf unseren Verein gestoßen sind. Das freut uns natürlich, wenn fremde Menschen uns ihr Vertrauen schenken.
Bei uns gibt es zwei Möglichkeit zu spenden; entweder durch einen einmaligen Mitgliedsbeitrag im Jahr oder eben ganz normal, so oft und wie viel man möchte. Wobei ich zugeben muss, dass wir sehr stark auf finanzielle Spenden, die über den Mitgliedsbeitrag hinausgehen, angewiesen sind, denn unser Mitgliedsbeitrag beträgt nur 36 € pro Jahr. Damit würden wir nicht auskommen. Außerdem regeln wir gerne auch Partnerschaften zwischen Schulen in Deutschland und Schulen in Ghana.


Wie kam es dazu, dass Du dich einem solchen Thema so intensiv gewidmet hast?

Die Kultur und das Leben in Afrika faszinieren mich schon seit ich denken kann. Auch die Arbeit von Hilfsorganisationen verfolge ich schon seit langer Zeit. Nachdem ich dann selbst in Ghana war und die Umstände in denen die Menschen dort leben, mit eigenen Augen gesehen habe, wusste ich, dass ich selbst etwas tun möchte. Da ich mich nicht entscheiden konnte, welcher Organisation ich beitreten möchte und ich auch am liebsten selbst die Kontrolle darüber habe, wo genau das Geld landet, habe ich mich entschlossen, selbst einen Verein zu gründen. So weiß ich zu 100% dass das Geld auch wirklich dort ankommt, wo es gebraucht wird und nicht in Deutschland versickert.

Was waren die prägendsten Eindrücke für Dich in Afrika?
Zu sehen, wie viele Kinder auf voll befahrenen Straßen arbeiten müssen, sich mit Schüsseln auf dem Kopf durch fahrende Autos schlängeln, aufpassen müssen, nicht überfahren zu werden und gleichzeitig kleine Päckchen Wasser zu verkaufen, die umgerechnet keine 5 Cent kosten. Wie wissbegierig schon die Kleinsten sind und mit strahlenden Augen jedem fremden Menschen begegnen. Wie gerne die Kinder dort zur Schule gehen. Wie sie sich über Kleinigkeiten, wie einen Lolli oder ein neues altes T-shirt freuen oder wenn du ihnen nur die Hand reichst. Wie die Menschen in den Dörfern oder in der Stadt leben, teilweise ohne fließendes Wasser ihre Dinge verrichten, waschen, kochen, und trotz wenig Geld oder Hab und Gut immer gastfreundlich sind und immer lachen und positiv denken. Ich habe mich in Ghana überall zu Hause gefühlt. Ich kann nicht sagen, was genau am einprägsamsten war, denn es ist jeden Tag etwas passiert, was so ganz anders ist als in Deutschland.

Wie koordinierst Du die Hilfe vor Ort?

Ich habe Freunde vor Ort in Ghana, denen ich hundertprozentig vertraue. Sie koordinieren die Projekte vor Ort und kümmern sich um die Anmeldung der Kinder in der Schule und die Bezahlung der Schulgebühren. Ohne vollkommenes Vertrauen in meine Mitarbeiter könnte die Arbeit nicht funktionieren, da ich selbst nicht so oft vor Ort sein kann. Ich versuche aber dennoch mindestens einmal im Jahr selbst nach Ghana zu fliegen, um mich von der Arbeit zu überzeugen.

Wie wird gewährleistet, dass jeder Cent an der richtigen Stelle ankommt?

Wir haben bis auf die Überweisungsgebühren nach Ghana keinerlei anfallende Kosten. Jeder gespendete Euro wird voll und ganz für die Kinder eingesetzt. Das können wir gewährleisten, weil sowohl die Mitarbeiter hier in Deutschland als auch alle Mitarbeiter in Ghana ehrenamtlich arbeiten. Jedes Telefonat nach Ghana zahlen wir aus eigener Tasche. Und da ich meinen Mitarbeitern in Ghana voll vertraue und auch die Schulen kenne, in die die Kinder gehen, kann ich garantieren, dass das Geld genau dort ankommt, wo es gebraucht wird. Um unseren Mitgliedern und Spendern ein Bild davon zu machen, wofür das Geld eingesetzt wird, haben wir immer wieder aktuelle Fotos auf der Homepage und einmal im Jahr wird eine Aufstellung der Finanzen veröffentlicht. Transparenz finde ich in dieser Arbeit unglaublich wichtig. Nur wer seine Arbeit offen legt, kann das Vertrauen der Menschen gewinnen.

Wie reagieren Menschen hier, Freunde, Familie und Bekannte, auf dein Engagement?

Alle sind eigentlich begeistert davon und die meisten unterstützen meine Arbeit. Ich habe im Freundes- und Kollegenkreis schon einige aktive Helfer gefunden. Aber natürlich gibt es auch Kritiker, die dann noch mal ganz genau nachfragen. Ich finde das aber gut, denn das hilft mir auch weiter, da ich dadurch über manche Dinge genauer nachdenke oder auf neue Ansätze stoße.

Welche Ziele hast Du mit dem Verein für die Zukunft?

Erstmal möchten wir natürlich noch viele weitere Kinder bis zum Ende einer Berufsausbildung begleiten. Im Moment unterstützen wir zusätzlich noch eine Schule beim Aufbau, die von einer ghanaischen NGO gegründet wurde. Für die Zukunft wünschen wir uns, dass wir weiterhin den Kindern und Jugendlichen eine Hilfe sein können, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und einen Beruf zu erlernen.

Hast Du vor wieder nach Ghana zu gehen?

Auf jeden Fall. Wie gesagt, ich versuche eigentlich mindestens einmal im Jahr vor Ort zu sein. Leider hat es dieses Jahr noch nicht geklappt, da ich mein 2. Staatsexamen machen musste.

Alle Infos zum Verein auf der Homepage - hier klicken!
 

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