Es gab eine Zeit, in der ich nichts lieber sagte als "meine beste Freundin". Eigentlich ein schöner Titel. Irgendwie exklusiv und etwas sehnsuchtsvoll dramatisch. Doch in den letzten zehn Jahren habe ich diese Bezeichnung immer weniger benutzt. Das hat wohl damit zu tun, dass Freundschaften sich mit der Zeit verändern. Freundschaften durchleben mehrere Phasen.
Anfangs im Kindergarten sind es noch die "Schönwetterfreundschaften". Man spielt und erkundet die Welt mal mit der einen und mal mit der anderen Freundin. Man bindet sich nicht zu eng und unternimmt einfach mit der Jenigen etwas, die Zeit hat. Aber auch da gibt es ehrlich gesagt kleine Zickerein - schließlich sind wir Mädchen. Mit der Zeit aber werden unsere Freundschaften dauerhafter, intensiver und vor allem wichtiger. Ab der Pubertät an ist es toll eine Leidensgenossin zu haben. Eine Freundin, die sofort alle Gefühle nachvollziehen kann: Von den nervigen Eltern zu Hause, die ständig von einem etwas wollen, bis hin zu dem süßen Lächeln des Jungen aus der Oberstufe. Nun ja, da fängt es dann auch mit der Bezeichnung "Beste Freundin" an. Damit fängt auch der berühmte Zickenkrieg unter uns Mädchen an
Ich muss gestehen, dass die Chronologie von Freundschaften zu der Zeit turbulenter und emotionaler als manch Liebesgeschichte später wirkt. Die größte Nähe, aber auch die größten Eifersuchtsdramen habe ich jedenfalls nicht mit Männern, in die ich verliebt war, erlebt, sondern mit meinen Freundinen. Laura, Steffi, Yvonne, Freya, Anna,...was habe ich nicht alles mit diesen Mädels erlebt und durchlebt. Telefonblockaden, die unsere Eltern in den Wahnsinn trieben, und anbandeln mit befreundeten Jungs, waren da noch gar nichts. Eine Freundschaft zwischen besten Freundinnen ist in gewisser Weise eine platonische Liebe, die als Generalprobe für die ernsthaften Beziehungen später herhalten muss. Aber wie das so ist mit alles bestimmender Nähe: Sie muss sich den Veränderungen des Lebens anpassen, um zu überleben. Nie wieder macht das Leben so entscheidende Sprünge wie in der Zeit zwischen 20 und 30. Wir befinden uns in der Phase, in der es darum geht, unsere individuellen Lebenspläne zu finden und zu verwirklichen. Oft können deshalb die bestehenden Freundschaften aus der Schulzeit mit den Veränderungen nicht mithalten. Sie verlieren sich, sobald man unterschiedliche Biografien hat.
Freundschaften sind tatsächlich wie Liebe - findet Ihr nicht? Wunderschön, wenn da jemand da ist, der weiß, wann du schweigen oder in den Arm genommen werden willst. Aber auch sehr zerbrechlich, wenn wir nicht auf sie aufpassen. Man muss eine Freundschaft wie eine Pflanze pflegen: Nicht zu viel gießen, aber auch nicht vertrocknen lassen. Vor allem aber braucht eine Freundschaft Zeit um heranzuwachsen. Durch gemeinsame Erlebnisse wird sie stärker und kann wachsen. Durchaus ist dann eine Freundschaft auch in der Lage unangenehme Momente auszuhalten.
Ich finde auch, dass in unserer Gesellschaft, in der bekanntlich "Zeit ist Geld", Freundschaften nur noch an Wert gewinnen. Die knappe Freizeit will man mit Menschen verbringen, die einem besonders wichtig sind. Es ist dann sogar egal, dass man nicht mehr tagtäglich mit der Freundin telefoniert. Viel wichtiger ist es zu wissen, dass diese auch nachts um vier dir immer hilft, wenn du sie brauchts. Man braucht auch nicht mehr nur eine "beste Freundin". Besser ist es eine Handvoll guter Freunde für unterschiedliche Dinge zu haben: Mit der einen kann ich über alles reden und mich mal wie eine 10-Jährige verhalten, mit der anderen gemütlich bei "Greys Anatomy" schweigen und von Mc Dreamy träumen. Das Schöne an Freundschaften ist doch, dass man sie im Gegensatz zur Liebe mit anderen teilen kann und keiner von diesen der oder die Beste sein muss!
Auf gute Freunde