Artikel: „Das Barockschloss Mannheim ist wieder zum Glanzlicht der Kurpfalz geworden“[ Hochschule ]
30.03.2007  |   Klicks: 1621   |   Kommentare: 0   |   Autor: manu_
„Das Barockschloss Mannheim ist wieder zum Glanzlicht der Kurpfalz geworden“
Mit diesen Worten eröffnete Finanzminister Gerhard Stratthaus den Presserundgang durch die historischen Säle des Mannheimer Schlosses vor dem großen Eröffnungswochenende vom 31. März bis 1. April 2007.
Vorab durften die neun prachtvollen, mit über 800 originalen Kunstobjekten wieder eingerichteten Prunkräume in der Beletage, womit das bevorzugte Wohngeschoss eines derartigen Gebäudes wie dem des Mannheimer Schlosses bezeichnet wird, begangen werden. Die französische Übersetzung des Begriffs der Beletage bedeutet im Übrigen „das schöne Geschoss“, was hier durchaus mehr als wörtlich zutrifft.

Während des Gangs durch die neun Räume, von denen in den letzten Jahren 6 komplett neu wiederhergestellt wurden, durchwandelt man zwei verschiedene Zeitalter. Der Rundgang beginnt im Rittersaal, dem wohl beeindruckendsten und schönsten aller Räume, der früher als zentraler Festsaal diente und dessen Gesamteindruck mit Deckenbildern sowie Verzierungen und kunstvollem Parkett zum Träumen verleiten.
Die Führung ging weiter durch das erste Vorzimmer, welches später als Speisezimmer des Erbgroßherzogenpaares Karl und Stephanie von Baden diente. Auf einer 6 Meter langen festlich gedeckten Tafel ist hier erstmals ein Teil des wieder erstandenen badischen Hofsilbers zu sehen, welches im Jahr 1823 in der Werkstatt des Silberschmieds Napoleons gefertigt wurde.

Der Grundstein für das Mannheimer Schloss wurde übrigens bereits im Jahr 1720 gelegt, als Kurfürst Carl Philipp von der Pfalz den Entschluss fasste, seine Residenz von Heidelberg nach Mannheim zu verlegen. Die zeitliche Veränderung über zwei verschiedene Epochen hinweg ist auch beim Gang durch die einzelnen Räume nachzuvollziehen. So werden die auf den Rittersaal und angrenzenden Vorzimmer der Kurfürstenzeit folgenden Räume des 19. Jahrhunderts nach und nach klassischer und privater, mehr im Stile der fränzösischen Salons mit einer glatten Decke und wenig Stuck innerhalb eines geschlosseneren Raumbildes.

Die Wiederherstellung aller Räume stellte sich oft als äußerst schwierig heraus, da das Mannheimer Schloss durch Luftangriffe im zweiten Weltkrieg stark zerstört war.
Teilweise mussten Farben innerhalb der Räume aus Schwarz-weiß-Aufnahmen rekonstruiert werden oder beispielsweise diente ein relativ gut erhaltener Fetzen Samt von der Rückseite des Thronstuhls als Vorlage zur Nachbildung des roten Samtstoffes für dessen Baldachin, welcher im Thronsaal als Symbol der Fürstlichkeit zu sehen ist.
So ist vieles, aber bei Weitem nicht alles rekonstruiert. Die enge Wendeltreppe beispielsweise, über die die Besucher in das Erdgeschoss des Schlosses zurückgeführt werden, ist aus früherer Zeit erhalten geblieben. Aufgrund deren Enge kommt man allerdings sehr schnell auf den richtigen Gedanken, dass diese in vergangenen Zeiten nur von Boten genutzt wurde.

Eine weitere Herausforderung stellte die Wiederbeschaffung der Kunstobjekte dar. Vieles befand sich inzwischen in Privatbesitz oder bayrischen Museen. Bereits 1993 wurde das erste Kunstobjekt der Ausstellung, ein Goldservice, zurückersteigert.

Auch im Erdgeschoss des Schloss-Mittelbaus hat die Uni Mannheim die Bücherregale der Bibliothek ausgeräumt, um Platz zu schaffen für eine klassische, didaktische Museumsausstellung mit weiteren Bildern, Büchern und historischen Zeitdokumenten. Durch Glasscheiben hindurch ist hier auch ein Teil der ehemaligen Kabinettsbibliothek zu sehen, welcher im Laufe der Zeit wie durch ein Wunder nicht beschädigt wurde. Dieser kleine Raum, aus Sicherheitsgründen heute nicht mehr zu betreten, erscheint in hellen Gelb-, Grün- und Blau-Tönen und diente Stephanie von Baden, der Adoptivtochter Napoleons, als Rückzugsort und zur Entspannung.
Wie diese sich innerhalb der prächtigen Räume des Schlosses gefühlt haben muss, zeigt auch der Blick durch ein Fernrohr, welches Richtung Rhein gerichtet ist. Durch dieses kann man die ehemalige Befestigungsanlage sehen, welche sich sternförmig mit ihren Spitzen zur Verteidigung um die Innenstadt zog. Dahinter entdeckt man verschlungene Wege durch eine wunderschöne Parkanlage hinunter zum Rhein, wo heute die Straßen- und Eisenbahnschienen liegen.
Im Gespräch mit dem Leiter des staatlichen Vermögens- und Hochbauamtes Sigfried Kendel erfuhr schneckenhof.de nicht nur, dass sich die Befestigungsanlage bis circa 1820 erhielt und deren Reste heute noch aktuelle Baumaßnahmen in Mannheim erschwert. Kendel erzählte weiter von dem Vorhaben der Nachkriegszeit, das zerstörte Schloss nicht wieder aufzubauen, sondern mitten durch den heutigen Mittelbau, in dem sich das Museum befindet, eine breite Zufahrtsstraße nach Ludwigshafen zu bauen.

Das Museum wird ab nächster Woche täglich von 10-17 Uhr geöffnet haben, wobei jedem zu empfehlen bleibt, sich diese faszinierenden Eindrücke persönlich zu verschaffen.
Rittersaal
Thronsaal
 
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