Artikel: Schneckenhof: Gene und Wahnsinn (Hof Of Horror) *erschreckt*[ Kolumne ]
19.08.2004  |   Klicks: 7498   |   Kommentare: 8   |   Autor: kroko
Schneckenhof: Gene und Wahnsinn (Hof Of Horror) *erschreckt*
Kolumne wurde wegen Mißachtung des Disclaimers zensiert.
Gepeinigt von fiebrigen Ahnungen schreckt seine Mutter auf von ihrer Bettstatt.
Dumpf poltern die schweren Fensterläden gegen die Gitterstäbe der Fenster. Die Mutter eilt die schwankende Wendeltreppe hinab. Sturmwolken jagen am verhangenen Nachthimmel und singen ihr heulendes Lied in den verwinkelten Nischen des Kellergewölbes.

Vermischt mit seinem Brüllen und Jammern.
„Dadaraußen! Dadaraußen!“, tönt es wie jede Nacht. „Ich will da daraußen - muhahahahaa!“

Sie stürzt zu der Tür seines Zimmers, zieht an den Bügeln der Schlösser, ob alles verschlossen sei.
Klopft prüfend gegen die wuchtige Türfüllung.

Oft, in bösen Albdrücken, sieht sie die Tür vor sich, weit offen stehend, und namenloses Entsetzen umklammert sie mit knochiger Hand.

Aber alles ist in Ordnung.
So glaubt sie.


Müde setzt sie sich vor der Tür nieder, die Oberfläche ihres Körpers, eine vergilbte Raufasertapete aus Gänsehaut. Aus seinem Zimmer klingen Laute, die ihr trotz der Jahre fremdartig vorkommen - lautes Grölen gequälter Kreaturen; mal wie das Muhen todgeweihter Kälber vor der Schlachtung, dann wieder Vokalzuckungen durchgeknallter Nachtigallen: „Muh hahahaha Muhhahahaha. Dadaraußen muhmuhhaha.“

Sie ahnt nicht, daß er bereits entkommen ist, kennt nicht die digitale Sprengkraft der kommunizierenden Moderne.

Durch einen dünnen Kupferdraht kriecht ihr Sohn jede Nacht unbemerkt durch die meterdicken Kellermauern, vorbei an all den pfundschweren Gitterstäben, unbeeindruckt von den unzähligen Vorhängeschlössern.

Seine Mutter ist eine Frau des vergangenen Jahrhunderts.
Die Worte Provider und Internetzugang sagen ihr nichts.
Internet klang nur „nett“ irgendwie, vollkommen harmlos.

Der sehnlichste Wunsch Ihres Sohnes zu seinem vierzigsten Geburtstag war ein Internetanschluß.

Wie konnte sie ahnen, daß sie ihm mit der Erfüllung seines Geburtstagswunsches die virtuelle Freiheit schenkte und so das Böse in die Welt hinaus trug?


Wenn Dir, lieber Leser, jetzt ein wenig schaudert und Deine Haut auch stellenweise einer „Raufasertapete aus Gänsehaut“ gleicht, dann kann ich Dich leider nicht beruhigen.

Denn nicht in der abgründigen Gedankenwelt eines Stephen King oder einem abgewetzten John Sinclair Groschenheft ist der eingekerkerte Filius zu Hause, sondern hier, direkt vor Deiner Nase.

Nun gruselt Dich zu Recht.

In den Bildergalerien von schneckenhof.de finden sich seine Spuren.
Wer sonst sollte unter ein Party-Foto mit drei Frauen den Kommentar „ihr drecksäue? ficken?!?“ setzen, und auch noch mit dem Pseudonym „arschgeburt“ (unter IP 194.120.84.9) zeichnen?

Eigentlich kennt er nur ein Thema.
Mitunter schaltet er ein Kompliment vor: „Du siehst Geil aus, Würde dich gerne mal Ficken.“ (als Schatz2002NRW [pD900A21C.dip.t-dialin.net]),
zuweilen fragt er schneckenhöflich: „Tschuldigung ...“, um dann gleich zur Sache zu kommen: „Ficken?“ (alias TapmaWah [dialin-port8857.access.nacamar.de]).

Eines Abends, als seine Mutter das Essen nicht rechtzeitig durch die Sicherheitsschleuse reicht, erkennt unser kreativer Gourmet auf einem Foto mit drei jungen Damen, vom Hunger getrieben, „3xFickschnitzel“ (Hustler [pD955DA24.dip.t-dialin.net]).

Und immer wieder dieser impressionistische Drang, zu beschreiben, was ohnehin jeder sieht.
Dann schreibt er „Dicke Dinger!“ unter ebensolche.
Oder einfach nur „Wow, Möpse!“

Zensur? Die kann sein schlichtes Gemüt so gar nicht begreifen:
„Warum wurde mein Kommentar zensiert? Dann eben Brüste, Holz vor der Hütt', fette Tidde, die Busen, Ballons, etc Ihr frigiden Informatikerinternetseitenmachprogrammierer.“

Die frigiden Informatikerinternetseitenmachprogrammierer haben sicher auch nichts besseres zu tun, als die Ergüsse derer wegzuputzen, die tippend ihren Finger hoben, um ihre Reviermarkierung unter ein Partyfoto zu setzen.

In der Frühe, da die fahle Sichel des Mondes der widerlichen Sonne weicht, kann die Stimmung im Kellerverlies auch schon mal ins Aggressive kippen.
Sollte dann auf einem Foto eine Frau nicht dem mediengeprägten Perfektionsideal entsprechen, hagelt es niedliche Vergleiche: „Ganz rechts Schweinchen Dick im Bild, oder was?“ , oder entsetzte Ausrufe: „Die linke hat Haengetitten... IIEEEHHHH“ , gepaart mit wohlmeinenden Ratschlägen: „haha! ohne titten würde ich mich nicht soweit vorbeugen“ .

Bei ganz gewagten Bildern tritt schließlich der Blockwartcharakter denunziantisch in Aktion:
„Ich kenn die e-mail Adresse von der Linken ihrem Vater. Werde ihm mal ein paar Bilderchen schicken, damit er seine Tochter auch mal von dieser Seite kennenlernen wird.“

Im Bilderwald der Fotogalerien irren aber auch harmlosere Exemplare des Hetero kommentarensis herum und suchen die Kontaktanbahnung nach Schneckenhof-Torbogenschluß: „Du Schnuckelhäschen in der Mitte, ich würde Dich echt mal gerne kennenlernen.“
Dererlei Angebote werden aber meist unter einem anonymen Gastnick abgegeben, oder vom gleichen Verfasser jeder dritten Frau in den Galerien offeriert.
Schnuckeln mit Schnuckelhäschen fällt folglich aus.

Doch was soll man(n) machen?
Die Partyfotos sind nun mal so ungeheuer anregend.
Jeder Mann kennt das: Die Körpertemperatur steigt, Körperflüssigkeit tropft auf die Tastatur, die Finger bleiben an der Z-Taste hängen. So kommen Wörter wie „greetzzzzz“ zustande.

Und mal unter uns Ballettschülern: Geben nicht Frauen, die sich so fotografieren lassen, ihr Einverständnis zu unflätigen Kommentaren schon mit dem Klicken des Auslösers ab?
„Einwilligung durch schlüssiges Verhalten“, ruft der, sein Studium vernachlässigende Jurist aus dem Hintergrund und surft weiter zum Top1-Bild der Galerie.
„Schwachsinnsargumentation durch billige Rechtfertigung“ ruft seine Freundin neben ihm und schaltet ihm den Rechner aus.

Die Hormone haben ihre Logik, gegen die der Verstand nichts ausrichten kann.

Männer sind so.

Letztendlich sind wir armen Männer aber nur die Opfer.
Die Opfer unserer Gene!

Die männlichen Gene wollen sich nämlich kopieren, kopieren, kopieren, sobald sie weiblichen Sekundärschlüsselreizen begegnen.

Doch zwischen dem lockenden Weiblichen und der Cocktailgurke verhindert eine Monitorscheibe den Realkontakt.
Das ist relativ neu, und die Gene, die sich seit hunderttausend Jahren erfolgreich auf der Primitivmasche anpirschten, müssen erst umlernen. Als Ersatzhandlung wird unwillkürlich der erstbeste notgeile Gedanke ins Keyboard gemeißelt.

Die anonymen Verfasser solcher Postings stellen sich sozusagen in eine finstere Ecke der Bildergalerie und springen unerwartet mit einem Kommentar aus dem Dunkeln. Lüften kurz das zivilisatorische Deckmäntelchen, das ihre archaischen Triebe nur notdürftig verdeckt.
Die Parallele zum Exhibitionisten im Stadtpark ist unübersehbar: Auch der Internetlüstling weidet sich am Entsetzen derjenigen, die er mit dem Posting belästigt.
Und diejenigen die es lesen, können sich, ob des verschrumpelten geistigen Etwas, das da zum Vorschein gebracht wird, oft eines Kicherns nicht enthalten.

Der Hobby-Psychologe (der in uns allen schlummert) weiß Genaueres:

Gedankenexhibitionismus
G. ist eine Störung der Sexualpräferenz. Eine wiederkehrende Neigung, sexuelle Gedanken in der Öffentlichkeit kundzutun.
Der G. tritt hauptsächlich innerhalb medialer Kommunikationsplattformen auf, z.B. in Internetforen oder Bildergalerien mit Kommentarfunktion.
G. ist meistens ein Symptom für eine neurotische Fehlentwicklung (s. Neurose).
Er kommt aber auch bei Schwachsinnigen (s. Schwachsinn) vor, bei denen er ein Ersatz für nicht zugänglichen Geschlechtsverkehr sein kann.


Welch aufschlußreichen Sätze!
Können wir den Kommentarpsychopathen außer solchen Definitionen überhaupt etwas entgegensetzen?


Als allerletztes Mittel bliebe noch der Griff zur großen Gartenschere.

„Muuuuuuhhhhdddddddaaaaaaaaaaaaaa“ hallt es verzweifelt und anklagend durch die modrigen Gewölbe.
Mutter hatte mit der großen rostigen Gartenschere das Telefonkabel durchgeschnitten...

... Schnippzzzzzzzz ...

... und sch*******.com war offline.



Gute Nacht, da dadraußen, was immer Ihr auch posten mögt.
 
Bewertung [1-5]: 4.6 Punkte [39 Stimmen]  
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8 Kommentare zu diesem Artikel
19.08.04, 11:41 Uhr #1 von HavanaTom
Muh hahahaha Muhhahahaha
26.08.04, 14:32 Uhr #2 von MidnightMood
...ich muzzz schon sagen: Mr.Kroko ...du muzzzt mir unbedingt verrraten wazzz du so einwirfzzzt um solch kreative Visionen zu gebÄren...und zweitenzzz:..was nimmschdn du vüA n Putzmüddl füA doinE TaschdatuA?!
28.08.04, 23:52 Uhr #3 von chango
sehr sehr geil was hab ich gelacht besonders der schluss ein knaller Muhhahahaha
Dieser Eintrag wurde 1 mal editiert, zuletzt 28.08.04, 23:52 Uhr
03.09.04, 20:49 Uhr #4 von Metamorphose
hehe des gefällt mer ob der die jenigen des auch lesen ??? muahahahaha
17.09.04, 03:23 Uhr #5 von Metamorphose
ich will ne neue krokolumne
01.10.04, 01:09 Uhr #6 von kasimir
dann geb ihm stoff zum drüber schreiben.., lächel dir paar dozentinnen an.. das wird dann so ungefähr reichen..
24.10.04, 11:22 Uhr #7 von rotznase
07.11.04, 15:37 Uhr #8 von janst0r
im endeffekt ist beides gleich arm:
sich für schneckenhof.de ablichten lassen und widerliche kommentare schreiben!!

man müsste halt ein arbeitsstelle schaffen, die solche postings gnadenlos rausstreicht, um das niveau weningstens ansatzweise zu retten...

gruß janst0r

ps: trotzdem unterhaltsamer artikel
pps: manchmal sind aber auch wirklich verdammt hübsche mädels auf den fotos zu sehen; ob man deswegen gleich die tastatur verkleben muss, ich weiss auch net
Dieser Eintrag wurde 1 mal editiert, zuletzt 07.11.04, 15:37 Uhr
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