Artikel: Semesterabschlusskonzert der Pop-Akademie. Ein Selbstversuch.[ Musik ]
24.02.2008  |   Klicks: 4675   |   Kommentare: 10   |   Autor: joakin
Semesterabschlusskonzert der Pop-Akademie. Ein Selbstversuch.
Auf rein statistischen Überlegungen aufbauend grenzt doch die Wahrscheinlichkeit, dass aus einem ganzen Nest von hochtalentierten, kreativen Geistern nur supermarkttaugliches Alltagsgedudel hervorkommt, gegen Null. Dennoch hält sich der schlechte Ruf der Pop-Akademiker in Musiker- und Musikliebhaberkreisen wie Schimmel an der Wand. Zurecht?
Als selbstloser und immer nach Wahrheit lechzender Schneckenhof-Redakteur stürzte ich mich am Samstag, dem 15. Februar in das waghalsige Abenteuer, das Semesterabschlusskonzert der Pop-Akademie zu besuchen, um derlei dahergeredeten Weisheiten den Boden zu entziehen.

Um nicht vollkommen unvorbereitet zu diesem Event zu erscheinen, machte ich mich zunächst im Internet auf die Suche nach den unter dem „Running Order“ vermerkten Bands. Ich gehe allerdings davon aus, dass Marketing erst im nächsten Semester auf dem Stundenplan steht, da nur eine der insgesamt sieben Formationen online zu finden war, eine Gruppe mit dem schwungvollen Namen „Blaues Wunder“. Deren myspace-Seite gab auf jeden Fall ausreichend Anlass sich zu wundern, da nicht nur die philosophische Tiefe der Texte die inspiratorische Quelle im Papierkorb der Flippers vermuten ließ.
Auf diese Weise in Stimmung gebracht, war ich beim Betreten der Eingangshalle doch freudig überrascht, den wohltuenden Klang einer verzerrten Gitarre zu Ohren zu bekommen, die aber leider auch nicht viel gegen die programmatische Eintönigkeit der Frauenstimme am Lead-Mikrofon ausrichten konnte. Ebenso mussten zaghafte, im Kontext fast schon psychedelisch wirkende kompositorische Innovationen in der trägen, schwer nach Elternabend miefenden Atmosphäre wirkungslos verpuffen. Wie ich leider erst nachträglich erfuhr, rührte diese merklich verklemmte Stimmung wohl von der Tatsache, dass die bemitleidenswerten Popsternchen auf der Bühne gerade dabei waren, sich in die Herzen und Rotstifte ihrer notengebenden Professoren zu spielen. Demnach hoffe ich, dass wenigstens der persönliche Geschmack der Lehrkräfte halbwegs getroffen wurde.
Als schließlich auch das eher stiefmütterlich präsentierte Nebenzimmer-Catering nichts mehr zum guten Willen beitragen konnte, berief ich mich auf die gute Empfehlung des Professors, der zuvor noch gegen Ende der Schnupper-Vorlesung zum Thema Guerilla-Marketing auf die zahlreichen weiteren Möglichkeiten der Zerstreuung im Mannheimer Nachtleben hingewiesen hatte.
Schlussendlich fand mein musikalischer Abend gerade mal zwei Straßen weiter doch noch ein gutes Ende, bei einer erfrischend lebendigen Show der „Sons of Explosivos“, die im „Blau“ in der Jungbuschstraße ihren Tex-Mex-Punk zum Besten gaben. Viel nackte, männliche Haut, rosa Strampelanzüge, selbst gemachte Ikea-Teppich-Ponchos und sehr einleuchtende, lebensbejahende Refrains nebst humoristischer Glanzleistungen in den Zwischenansagen ließen ein über die Musik weit hinausgehendes Gesamtkunstwerk entstehen, dessen Charme man sich kaum entziehen konnte. Dass im „Blau“ auch die Versorgungskompetenzen im Bereich Frischgetränke wesentlich ausgereifter sind als bei den Popdesignern muss wohl kaum erwähnt werden. Leider musste das Spektakel aufgrund herannahender Ordnungskräfte bereits gegen 0:30 Uhr ein verfrühtes Ende finden, was der guten Stimmung jedoch keinen Abbruch tat.

Eine Musikhochschule mit einer Kneipe zu vergleichen ist sicher kein besonders wissenschaftlicher Ansatz. Dennoch erlaube ich mir, festzustellen, dass in so einem Haufen verrückter Punkrocker wesentlich mehr Leben, mehr Kunst und mehr Kraft steckt als in einer durchgestylten Hörsaalband, die einem akademischen Zertifikat mehr zu vertrauen scheint als ihrem eigenen Talent.

Fazit: Wo „Pop“ draufsteht kommt auch Pop raus, und wo „Blau“ draufsteht, kommt man … ihr wisst schon.

Links zum Thema:
http://www.blau-jungbusch.de/
http://www.pop-akademie.de/
http://www.myspace.com/sonsofexplosivos
 
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10 Kommentare zu diesem Artikel
25.02.08, 13:34 Uhr #1 von Chico
dir ist schon klar dass du nur eine von ETLICHEN Bands gesehen hast???
ich nenne das mal: Punktabzug wegen "Thema verfehlt".
25.02.08, 14:01 Uhr #2 von joakin
Ich nenn das mal: Selbstversuch gescheitert...
25.02.08, 14:16 Uhr #3 von Selbstfinder
Vielleicht liegts an mir, aber ich seh in dem Text jetzt keinen Angriff auf ALLE Bands der Popakademie, oder?
25.02.08, 14:27 Uhr #4 von tosh
Naja. Es wird meiner Meinung nach schon die Popakademie "beurteilt", nicht nur die eine Band.

"Eine Musikhochschule mit einer Kneipe zu vergleichen"

"verrückter Punkrocker wesentlich mehr Leben, mehr Kunst und mehr Kraft steckt als in einer durchgestylten Hörsaalband"
25.02.08, 14:41 Uhr #5 von Selbstfinder
Der Satz heißt allerdings: "Eine Musikhochschule mit einer Kneipe zu vergleichen ist sicher kein besonders wissenschaftlicher Ansatz." Womit er das wieder relativiert.

Und der letzte Satz ist halt sein Fazit für den Abend. Wenn ich den gleichen Abend erlebt hätte, ich würde wohl auch nicht anders denken.
25.02.08, 14:57 Uhr #6 von Chico
trotzdem, ich bitt dich... wenn ich den artikel "Semesterabschlusskonzert der Pop-Akademie" nenne und mir nur eine Band anhöre um danach "privat" woanders feiern gehe ist das ja mal "knapp" am Ziel vorbeigeschossen....
25.02.08, 14:58 Uhr #7 von tosh
Von Wissenschaftlichkeit kann ohnehin keine Rede sein
Über den Abend kann ich nix sagen. Es ging mir nur darum, dass eben nicht NUR eine Band mit einer anderen Band verglichen wird, sondern eine Aussage über die Popakademiker insgesamt macht. Diese Auusage wiederum basiert größtenteils auf dem Eindruck EINER Band.

Anyway, ich hätte die Punkrocker sicherlich auch besser gefunden
26.02.08, 00:05 Uhr #8 von Ben12
Es könnte den Eindruck entstehen, dass Du keine Lust für diesen Bericht und das Thema hattest und deswegen alles dort schlecht machst, Dir die Musik dort eh nicht gefällt und Du lieber in eine Kneipe gehst, vor lauter Blau in Deinen Gedanken.

Im Übrigen sind der/die Tontechniker bei min. 2 Veranstaltungen nicht fähig gewesen, den Sound optimal einzustellen.
Dieser Eintrag wurde 1 mal editiert, zuletzt 26.02.08, 00:05 Uhr
02.03.08, 12:04 Uhr #9 von djamilla
Ich würd sagen,this is real jungbusch!!!Yeah!!Wenn man schon im Jungbusch studiert,sollte man sich vom Flair der Umgebung ruhig etwas mehr inspirieren lassen.Und nicht dem kommerziellen Sturm der "Superstargeneration" verfallen!Wo bleibt denn da die Seele der Musik?!
02.03.08, 16:14 Uhr #10 von Chico
du hast ja mal so richtig keine ahnung wovon du redest oder...? oh mann...
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