Artikel: Der neue SWR-Tatort feierte gestern Premiere im Cinemaxx[ Film ]
18.07.2008  |   Klicks: 5621   |   Kommentare: 0   |   Autor: pdmax
Der neue SWR-Tatort feierte gestern Premiere im Cinemaxx
Wenn es Sonntag Abend 20.15 Uhr auf dem heimischen Fernseher krisselt und Fingerabdrücke und Zielscheiben im Retro-Look die Mattscheibe füllen, dann ist Tatort-Zeit. Gestern war zwar nicht Sonntag, aber einen Tatort gab es trotzdem.
Die Kommissare Lannert & Bootz
Das Fernsehfilme große Premieren feiern, dürfte den ein oder anderen schon überraschen. Das ein Tatort vor seiner Erstausstrahlung im Fernsehen auf der größten Kinoleinwand Baden-Württembergs zu sehen ist – auch keine Selbstverständlichkeit. Doch das Beste: es war kein Platz mehr frei.
So könnte man die gestrige Premierenfeier des SWR-Tatorts „In Eigener Sache“ in Mannheimer Cinemaxx kurz und prägnant zusammenfassen.
Den Tatort an sich gibt es in der heutigen Form schon seit 1970. Weit über 700 eigenständige Filme der Reihe wurden bis heute gedreht und ausgestrahlt. Warum sorgt dann gerade der neueste Fall des SWR für einen derartigen Andrang in Mannheim?

Nun, man könnte sagen, der Tatort ist dabei, einen Generationswechsel zu vollziehen. War vorher das schwäbische Original Bienzle (im besten Rentenalter) der alleinige Herrscher der Stuttgarter Kripo, so sind seine Nachfolger Bootz und Lannert von einem ganz anderen Schlag.
„Zunächst ist es einmal so, dass es zwei Ermittler auf Augenhöhe gibt. Eine Konstellation mit einem Kommissar und einem Assistenten wie bei Derrick passt einfach nicht mehr in die heutige Zeit“ erklärt SWR-Fernsehchef Carl Bergengruen.

„In Eigener Sache“ ist ja schon der zweite Fall des neuen Ermittlerteams. Im ersten Tatort, „Sara-Lena“, kämpften die Beiden gegen Kinderhandel. Doch vor allem stand das gegenseitige Kennenlernen der Kommissare Bootz und Lannert im Vordergrund. Und dieser Prozess wird auch im neuesten Tatort fortgesetzt.
„Man sagt, es braucht so drei Folgen, bis ein neues Ermittlerteam bei den Zuschauern etabliert ist und die Charaktere und Konstellationen gezeichnet sind“ erklärt Bergengruen die interne Marschroute.

Und so wird das junge Arbeitsverhältnis der sehr unterschiedlichen Kommissare auf eine harte Probe gestellt, als ein Drogenfahnder, der zugleich ein langjähriger Freund Bootz‘ ist, bei einem Einsatz dabei ist, bei dem ein Polizist ums Leben kommt. Interne Ermittlungen gegen Kollegen mögen im Krimi-Genre ein verbreiteter Plot sein, doch der Tatort „In Eigener Sache“ geht dabei tiefer an die Materie heran, als es die meisten anderen Formate tun. Dabei gewinnt man nicht nur Einblick in die Arbeit von Lannert und Bootz, sondern auch in deren nicht selten kompliziertes Privatleben.
Der gebürtige Heidelberger Felix Klare spielt dabei den jungen, ambitionierten Kommissar Sebastian Bootz, der neben einer makellosen Polizeilaufbahn auch ein beneidenswertes Familienleben mit Frau und zwei Kindern führt. Eine interessante Parallele zur Vita des vor allem auf Theaterbühnen heimischen Felix Klare, der ebenfalls verheiratet ist und zwei Kinder hat.
„Als ich das Buch zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich schon ‚Oha, das ist aber nahe an mir‘ und trotzdem irgendwie weit weg“ beschreibt der Schauspieler die Gemeinsamkeiten von Bootz und Klare.
Richy Müller, der den deutlich älteren, erfahreneren Thorsten Lannert spielt, ist ein waschechter Mannheimer.

In der Herkunft der beiden Schauspieler dürfte auch das Geheimnis des großen Premierenerfolgs liegen, führten doch die Ausführungen Müllers in echtem Mannemerisch zu wahren Begeisterungsstürmen unter den knapp 700 Kinobesuchern.
Richy Müller sieht sich mit seiner Rolle weniger verbunden: „Klar, zunächst ist da mal die physische Präsenz. Aber ich versuche immer, eine Art Kunstfiguren in meinen Rollen zu schaffen“.
Trotz der Verbundenheit der beiden Hauptdarsteller zur Metropolregion müssen beide auch zugegen, dass die ganz engen Bande nicht mehr bestehen. Ein paar Verwandte leben noch hier, das wars dann aber auch. Und auf die Frage, was denn für Richy Müller Mannheims schönste Ecken sind, kommt neben den Postkartenmotiven Wasserturm und Planken die Antwort Uni-Club. Sicherlich bemerkenswert.

All das tut der Sympathie keinen Abbruch, die den Protagonisten an diesem Abend entgegenfliegt. Vornehmlich weibliche Fans bitten unerlässlich um ein Foto hier, einmal Drücken da, und die an die Vorführung anschließende Autogrammstunde dürfte sich noch bis weit nach 23 Uhr gezogen haben.
„In Eigener Sache“, der am 17. August um 20.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt wird, ist ein Tatort, der vieles miteinander verbindet. Er ist offener und stellt das Lokalkolorit nicht mehr so massiv in den Vordergrund, was das Zusehen für Nicht-Schwaben doch stark vereinfacht. Gleichzeitig stehen Klare und Müller alias Bootz und Lannert für so unterschiedliche Typen Mensch, dass nahezu alle Facetten, die ein Kommissar haben kann und muss, abgedeckt werden. Das Kennenlernen und Zurechtfinden der beiden nimmt nie Überhand, sondern ist sehr gut in die Geschichte integriert. Dabei sind es die Gegensätze, die den Reiz ausmachen: Nord-Süd, Alt-Jung, Emotional-Rational.

Der Tatort, merklich bemüht, jüngere Zielgruppen zu erschließen, denn in der breiten Masse der Generationen 30+ fehlt es nicht an Fans und Stammsehern.
Aber auch mehr und mehr jüngere Zuschauer schalten regelmäßig ein, wenn der Platzhirsch der deutschen Kriminalfernsehens wöchentlich beweist, dass man 90 Minuten Spannung und Unterhaltung auch mit schmalerem Budget und ohne CGI-Effekte garantieren kann.
Eine gelungene Premiere macht Lust auf mehr aus Stuttgart. Unbedingt ansehen!

Sendetermin Tatort „In Eigener Sache“: So., 17. August, 20.15 Uhr ARD
Gute Laune beim Autogramme-Schreiben
 
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