URLAUB!! Die Klausuren sind vorbei und ich gönne mir zwei Wochen (sprich 9 Urlaubstage, denn es war ja Pfingsten zwischendurch
äußerst geschickt..) Urlaub, bevor es wieder in die harte, böse ja fast kriminelle BWL-er Welt zurückgeht.
Nun stellt sich die Frage: Wie, Wo und mit Wem verbringe ich diese wunderbare Zeit, die nur zur Befriedigung meiner persönlichen Bedürfnisse gedacht ist. Ein Team von gestählerten Nacktputzern wäre zwar auch eine Wonne, aber entspricht nicht dem, wonach ich mich (momentan) sehne. Auch eine Pauschalreise nach Mallorca, Surivaltraining im peruanischen Dschungel oder Last- Minuite- all- Inclusive in die Türkei überzeugen mich nicht wirklich. Ich bin eher ein nordischer Typ, der etwas Besonderes sucht. Sprachreise nach Wales?? Kajaken in Norwegen?? Segeln vor Irland?? Fehlanzeige!!
Ich entscheide mich für eine Woche Entspannung in Wyk auf Föhr alleine.
Für alle, die den Weißwurstäquator eher selten sowohl physisch als auch psychisch überqueren: Föhr ist eine nordfriesische Insel westlich vom Schleswig- holsteinischen Festland, südlich der Insel Sylt, wo Knaben wie Ammer oder Bohlen gerne mal die Puppen tanzen lassen. Da diese beiden Herren allerdings eher einen Fabel für Brünetten haben, stehen meine Chancen als Ober-party-bunny eher schlecht, weshalb ich mich im Endeffekt doch für die Rentner- light- Variante entscheide. Man mag sich nun fragen, was ein halbwegs intelligentes Wesen im zarten Alter von 21 Jahren dazu bewegt zehn Stunden in öffentlichen Verkehrsmitteln (pro Strecke) zu verbringen, um im Endeffekt eine Reise zu machen, die nicht nur den finanziellen Rahmen einer der erwähnten Pauschalreisen sprengt, sondern auch noch weniger Komfort bietet.
Ich verrate es euch: ich bin mutig!! Jawohl!! Ich bin verdammt mutig!! Sich in südlichen Bettenburgen zurechtfinden oder in nordische Wälder urinieren, das kann ja heutzutage jeder. Aber ich, ich habe mich etwas ganz anderes gewagt: ich habe mich direkt den sozialen Brennpunkten der deutschen Gesellschaft genähert. Zugegeben, dafür hätte ich auch zum Ballermann fliegen können, aber alkoholisierte Bildleser treffe ich in der Mannheimer Straßenbahn so schon zu genüge.
Ich widme mich lieber der demographischen Struktur und ihren daraus für Deutschland resultierenden Problemen:
1. Rentner und solche die es in naher Zukunft werden wollen
Wer Mitte Mai am Vormittag die Wyker Strandpromenade entlang flaniert, kommt sich vor, wie in einem überdimensionalen Freiluftseniorenheim: der Altersdurchschnitt liegt bei 75 (mich mit eingerechnet), das Verhältnis Menschen zu Rentnerporsche (der fachlich korrekte Ausdruck ist Rollator) ist bei 2:1 anzusiedeln und ist ein sehr inniges. Das Mitsichführen eines überdimensionalen Magnetes würde einige Herzschrittmacher aus dem Takt bringen und ein Massensterben verursachen (aufgrund eines Anfluges von Anstand erspare ich mir eine Pro/ Contra Auflistung zu diesem Punkt).
Doch urlaubende Rentner sind weitestgehend angenehme Zeitgenossen: pastellfarben und zuweilen im Partnerlook gekleidet sitzen sie nach fleißigem Absolvieren ihrer 30-minütigen Morgengymnastik am Strand in den Straßencafés und hauen sich indirekt auf Staatskosten ihre ohnehin schon beachtlichen Bäuche mit opulenten Eisbechern, Sahnetorten und Windbeuteln voll. Aber irgendwer muss ja schließlich die Wirtschaft(en) ankurbeln!!
Anstrengend werden sie lediglich auf Tagesausflügen: nachdem der Kapitän des Ausflugskahns Störtebecker verkündet hatte, er würde pünktlich um 15.30 Uhr die Hallig Hooge verlassen, drängeln einige Vertreter der Seniorenfraktion bereits gegen halb drei den Rückweg zum Hafen einzuschlagen, der bekanntermaßen mit der Kutsche knapp 10 Minuten dauert man wolle schließlich die Nacht wieder im kuschligen Hotelbett auf Föhr verbringen. Also wettert man erst gegen den Kutscher, dann gegen Zivis allgemein und als man die komplette Jugend verfluchen wollte, schaltete ich mich mit einem charmanten Lächeln ein. Daraufhin wurde relativier und das Gespräch wieder auf das Wetter gelenkt.
2. Besserverdienende Eltern und solche, die es werden wollen
Neben den Unmengen an Senioren tragen minimale Geburtsraten zur allgemeinen Vergreisung unserer Gesellschaft bei. Die zweite Großgruppe der typischen Föhrurlauber ist ihrer sozialen Verpflichtung gerade noch rechzeitig bewusst geworden und präsentiert mit Mitte 30/ Anfang 40 stolz ihren Zwergennachwuchs der Öffentlichkeit.
Und schon ist es vorbei mit der Gemächlichkeit und Ruhe auf der Flaniermeile: verzogene Gören, zu 80% Einzelkinder (sorry, dass ich mich dieses Klischees bediene, aber derartige Modelle sind dazu da, um die komplexe Realität zu vereinfacht und verständlich darzustellen. HAHA!! Habe ich im wissenschaftlichen Arbeiten doch aufgepasst!!), schlagen Haken um die Senioren (mit Rollator) und kreischen
ICH WILL ABER JETZT EIN EIS!!.
Nein sagt die Mutter, wohl wissend, dass sie den Pulli waschen muss.
Nein sagt der Vater, wohl wissend, dass zum einen Himbeereisflecken schwer auszuwaschen sind und zum anderen, dass er folglich derjenige ist, der für ein neues Lacost-Polo seine Kreditkarte hergeben muss.
Also plärrt der Halbwüchsige lauthals, beschimpft seine werten Erzeuger auf übelste (Zitat eines ca. Vierjährigen:
Du Arschficker!!), bevor er sich schmollend auf eines der Schaukelpferde entlang der Strandpromenade zurückzieht. Von dort wird sich der Gnom auch nicht mehr fortbewegen, bis er sein Eis bekommt. Durchhalten ist alles
Gleiches gilt für den Besuch auf dem Spielplatz: ein kleiner Fratz setzt sich auf die Schaukel neben mir (fragt jetzt bitte nicht, was ich zu einer Kleinkindertauglichen Tageszeit auf einer Schaukel auf einem Spielplatz mache
), wackelt unbeholfen mit den Beinen und wartet, bis seine werte Frau Mama ihm von hinten einen Stoß gibt, damit er zu schaukeln beginnt. Egal, ob er alleine nicht wollte oder konnte: beides zeugt von pädagogischer Inkompetenz der Eltern.
Trotz oder gerade wegen dieser Erfahrungen fange ich an zu überlegen selbst unverzüglich zwei bis fünf Kinder in die Welt zu setzen. Zum einen, um kleine Steuerzahler heranzuzüchten, die es den kommenden Generationen ermöglichen sich in Nordseebädern mit kalorienhaltigen Süßspeisen zu verwöhnen und zum anderen um (offiziell) alle Angebote der äußerst Kinderfreundlichen Insel (inkl. Spielplätze, Bastelkursen, Watterkundungen, Leseabenden etc.) nutzen zu können und um zu beweisen, dass man Kinder auch zu einem begeisterungs- wie gesellschaftsfähigen Bestandteil des deutschen Landschaftsbildes formen kann.
Mit freundlichen Grüßen aus dem Rentner- und Kinderparadies Föhr eure sonnenverbrannte
DoMundo