Zu für studentische Verhältnisse früher Stunde um 10.00 Uhr morgens war der Saal im Erdgeschoss de Popakademie in der Hafenstraße restlos voll. Der Auftakt der neuen Open House-Saison lockte viele Studenten, auch von den anderen Hochschulen, aus dem Bett.
Grund für diesen Rummel: der Vortrag des RTL Chefredakteurs und Anchorman Peter Kloeppel zum Thema Schöne Neue Medienwelt.
Der 49-jährige Frankfurter ist das Aushängeschild der RTL Mediengruppe, wenn es um seriösen Journalismus geht, und in seiner Omnipräsenz aus der deutschen Fernsehlandschaft kaum wegzudenken.
Das Fernsehen ist ein Medium im Umbruch. Besonders die Punkte Digitalisierung und Fragmentierung werden eine immer wichtigere Rolle spielen so Kloeppels Standpunkt.
Das gravierende Problem der privaten Fernsehsender sei die stattfindende Umstrukturierung. Vom insgesamt nur marginal wachsenden Werbekuchen wollen immer mehr Akteure satt werden, was den großen Sendeanstalten (öffentlich und privat) seit der Jahrtausendwende langsam, aber konstant fallende Einschaltquoten in der für die Werbeindustrie relevanten Zielgruppe der 14 bis 49-Jährigen beschert. Im Aufwind dagegen alle kleinen Spartenkanäle, die der Fragmentierung der Medienlandschaft ihr Gesicht geben.
Doch die größte Konkurrenz geht, so Kloeppel, von dem in absoluten Relationen eher unscheinbaren Markt der digitalen Medien aus. So verweist Kloeppel darauf, dass das Fernsehen von 2006 bis 2007 ein Wachstum bei den Werbeeinnahmen von 5,2 Prozent erzielen konnte, das Internet im selben Zeitraum aber satte 64 Prozent. Auch wenn der Gesamtwerbeumsatz des Internets bisher nur einen Bruchteil des Etats der Fernsehens ausmacht und die Zahlen in diesem Jahr nur noch im Mittzwanzigerbereich liegen, so haben die Fernsehsender den Trend der Zeit erkannt, wenn man Kloeppel glaubt.
Vermutungen über den Medienkonsum der mittelfristigen Zukunft gibt es freilich viele, und auch Peter Kloeppel blieb klare Konzepte schuldig, will man nicht davon ausgehen, dass RTLs Video-On-Demand-Angebot bei RTL.Now mit den derzeitigen Apothekenpreisen die ultima ratio des Kölner Medienkonzerns ist.
Kloeppel, der übrigens einst Agrarwissenschaften studierte, bevor er an der Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg die ersten Schritte seines heutigen Berufsweges ging, ist aber davon überzeugt, dass das TV als Leitmedium immer seine starke Position behalten wird.
Trotzdem engagieren sich die großen Medienkonzerne wie auch die RTL-Gruppe vermehrt und verstärkt auf dem boomenden Markt der digitalen, interaktiven Portale und Web 2.0 Seiten, ohne dabei genau zu wissen, wohin die Reise geht, was auch Kloeppel offen zugibt. Angesprochen auf studiVZ, gibt der Medienprofi zu bedenken, dass bisher die Werbeeinnahmen auf studiVZ die Investitionssumme der Holzbrink AG keinesfalls rechtfertigen.
Das alles hindert eine immens in Bewegung geratene Mediengruppe wie RTL aber nicht, größter Anteilseigner bei einem direkten studiVZ-Konkurrenten zu werden: Bei wer-kennt-wen.de.
Die Formen des Web 2.0 sieht Kloeppel vor allem anti-autoritär geprägt, das heißt jeder kann gleichermaßen zum Sender als auch zum Rezipienten werden und so dazu beitragen, dass althergebrachte Rollenverhältnis der ehemals linearen Medienlandschaft aufzuweichen.
Doch am Ende dieser Entwicklung wird ein Web 3.0 entstehen, dass zwar vieles neu macht, aber aus dieser heutigen anti-autoritären Phase neue Strukturen mit neuen Leitwölfen mitbringt. Diesen Trend frühzeitig zu erkennen und ihm in allen Facetten gegenüber zu treten, das sei die Aufgabe der Fernsehsender, die nach Kloeppel über ein breit gefächertes, diversifiziertes Angebot an den Konsumenten zu lösen ist.
In dem interessanten und kurzweiligen Vortrag gab es natürlich jede Menge Punkte, die bei dem studentischen Publikum Fragen aufkommen ließen, denen sich Kloeppel im Anschluss geduldig und ausführlich widmete. So bleibt es natürlich nicht aus, dass der Nachrichten-Chef von RTL auch gefragt wird, ob der denn all die Soft News nicht witzlos finde, und was er denn gerne mal melden würde. Nein, er stehe hinter dem von ihm auch entscheidend mitentwickelten Konzept der Nachrichten auf RTL und er würde gerne von Kriegsenden oder Siegen über bis dato unheilbare Krankheiten berichten, ließ Kloeppel wissen. Wenig überraschend, aber verständlich.
Am Ende der Veranstaltung waren sicher nicht alle Fragen geklärt, aber die Ansichten des seriösen Gesichts von RTL in Verbindung mit aktuellsten Zahlen aus der Medienwelt waren für alle Zuhörer gleichermaßen interessant wie erkenntniserweiternd und somit der Vortrag von Peter Kloeppel ein gelungener Auftakt der Open House-Reihe im neuen Semester.
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Kloeppel und Dahmen |