Artikel: Warum Versagen manchmal von Vorteil sein kann [ Hochschule ]
12.02.2009  |   Klicks: 2208   |   Kommentare: 0   |   Autor: pdmax
Warum Versagen manchmal von Vorteil sein kann
Forschungsportal gibt spannende Antworten auf sozialpsychologische Fragen
Warum lassen wir uns in unseren Entscheidungen und Urteilen so stark von anderen beeinflussen? Weshalb begehen Menschen in Gruppen manchmal die größten Dummheiten, obwohl man den Einzelnen viel mehr Vernunft zugetraut hätte? Und wieso muss das Eingestehen eines Versagens nicht grundsätzlich schlecht sein? Mit dem Forschungsportal www.forschung-erleben.de geben die Lehrstühle für Sozialpsychologie der Universität Mannheim Antworten auf solche und ähnliche Fragen, indem sie aktuelle Forschungsthemen allgemeinverständlich aufarbeiten. Das Forschungsportal richtet sich an Medien ebenso wie an interessierte Bürger und hat zum Ziel, spannende sozialpsychologische Forschung aus dem sprichwörtlichen "Elfenbeinturm" der universitären Wissenschaft hinauszutragen. Dafür erscheint einmal in der Woche ein kurzer Artikel über ein aktuelles Thema.

In dieser Woche beschäftigt sich das Forschungsportal mit einem Phänomen, das ein Team von Sozialpsychologinnen und Sozialpsychologen an der Universität Mannheim untersucht hat. Dr. Marc-André Reinhard, Prof.
Dr. Dagmar Stahlberg und Diplom-Psychologe Matthias Messner haben in ihren Studien den "failure-as-an-asset"-Effekt ("Versagen als Vorteil") unter die Lupe genommen. Dabei geht es darum, dass Versagen manchmal auch als Stärke gewertet werden kann. Sie fanden heraus, dass es Umstände gibt, unter denen man gerade dann einer Person Besonderes zutraut, wenn sie in einem anderen Bereich alles andere als eine Glanzleistung abgeliefert hat. Dazu ein Beispiel:

Es ist zu vermuten, dass die meisten Menschen einem Mann, der ein schlechter Balletttänzer ist, höhere Führungskompetenzen zuschreiben als einem Mann, der gut tanzen kann. Dies liegt daran, dass Tanztalent im Allgemeinen als etwas Weibliches angesehen wird, Führungskompetenzen aber eher männlichen Personen zugeschrieben werden. Einem Mann mit zwei linken Füßen würde man also viel eher zutrauen, ein erfolgreicher Manager zu sein, als einem begnadeten Balletttänzer. Der Forschung zufolge basiert dieser Effekt auf der Tatsache, dass man bestimmte Fähigkeiten mit bestimmten Gruppen von Menschen verbindet. Mit einem derart stereotypen Urteil kann man natürlich meilenweit daneben liegen.
Dennoch scheint es, als würden Menschen häufig in solchen Schemata denken.

Dass es sich tatsächlich so verhält, konnte das Mannheimer Forscherteam mit einer Serie von Studien belegen. Die Probandinnen und Probanden sollten beispielsweise den beruflichen Erfolg einer Person einschätzen.
Dabei kannten sie von dieser fiktiven Person nicht viel mehr als den Wert, mit dem sie angeblich bei einem Intelligenztest zu logischem Denken abgeschnitten hatte. Die Hälfte der Versuchspersonen sollte eine Frau beurteilen, die andere Hälfte einen Mann. Um den "failure-as-an-asset"-Effekt zu untersuchen, wurden die Versuchspersonen zusätzlich zwei verschiedenen Bedingungen zugeteilt: Die eine Hälfte erhielt die Information, dass Frauen bei dem Logik-Test grundsätzlich besser abschneiden würden als Männer. Die andere Hälfte bekam die entgegen gesetzte Information: Männer würden bei dem Logik-Test im Allgemeinen besser abschneiden. Nun zeigte sich: Glaubten die Versuchspersonen, Frauen seien bei dem Logik-Test grundsätzlich besser, trauten sie gerade dem Mann beruflichen Erfolg zu, der in diesem Test eher schlecht abgeschnitten hatte.
Dieses Ergebnis lässt sich dadurch erklären, dass die Probandinnen und Probanden den Mann mit schlechtem Logik-Testergebnis für besonders männlich hielten, da er in einem scheinbar weiblichen Bereich schlecht abgeschnitten hatte. Deswegen trauten sie ihm wiederum auch hohe Führungskompetenz zu. Der Mann hingegen, der den Logik-Test erfolgreich absolviert hatte, wurde für nicht besonders männlich befunden - schließlich demonstrierte er eine als weiblich wahrgenommene Stärke.
Demzufolge wurden dieser Person auch weniger Führungskompetenzen zugeschrieben.

Männlichen Bewerbern kann es also durchaus nützen, im Vorstellungsgespräch beispielsweise Schwächen in der Haushaltsführung einzugestehen. Frauen können andererseits vor allem dann punkten, wenn sie Stärken in Bereichen demonstrieren, die als Männerdomäne gelten.

Mit dem Forschungsportal "Forschung erleben" wollen die Lehrstühle für Sozialpsychologie für die Fragen der Sozialpsychologie begeistern und sozialpsychologische Experimente vorstellen. Das Ziel ist, eine Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis anzubieten, die für Medien ebenso wie für interessierte Bürger spannende Informationen über sozialpsychologische Forschung bereitstellt.

Das Portal "Forschung erleben" finden Interessierte unter http://www.forschung-erleben.uni-mannheim.de/.

Pressestelle Uni Mannheim
 
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